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styria 3
2015
Politik
Ein starker Standort braucht
starke Standpunkte
Ing. Josef Herk ist Präsident der Wirt-
schaftskammer Steiermark.
Die Wirtschaft versteht sich seit gerau-
mer Zeit als ein globales Phänomen.
Grenzen kommen darin nur bedingt vor,
und wenn, dann gilt es, sie zu überwin-
den. Nicht als quasi sportliche Übung,
sondern weil eine florierende grenzüber-
schreitende Wirtschaft allen guttut, die
daran beteiligt sind. Dass ausgerech-
net die „Grenze“ in den letzten Wochen
in aller Munde ist – und es in den nächs-
ten Monaten und vielleicht sogar Jahren
wohl auch bleiben wird – tut natürlich
ein Übriges, um darüber nachzudenken.
Der Standort zählt
Und vom Begriff Grenze ist man relativ
schnell auch beim Begriff Ort – im Fall
der Wirtschaft: Standort. Denn bei allen
weltweiten Veränderungsprozessen, die
wir beobachten und oft auch mitgestal-
ten – eines bleibt in der Realwirtschaft
auch anno 2015 unverändert, nämlich
der Standort, an dem Wirtschaft pas-
siert. Dieser Standort zählt mit zu den
wertvollsten Trümpfen, über die eine gut
funktionierende Wirtschaft verfügt. Wir
wissen alle um die Qualitäten des Stand-
orts Steiermark bestens Bescheid und es
wäre müßig, sie hier noch einmal anzu-
führen. Viel eher sind wir alle gefordert,
diese hohe Standortattraktivität auch
in Zukunft aufrechtzuerhalten. Wir ha-
ben uns deshalb intensiv den Kopf dar-
über zerbrochen, was zu tun ist, um den
Standort Steiermark weiter zu fördern.
Herausgekommen sind acht zentrale
Punkte, wo wir ansetzen müssen.
Reformen in der Verwaltung
Wir brauchen – erstens und dringend! –
Reformen in der Verwaltung. Was uns
Unternehmern in der bloßen Ausübung
unseres Tuns in den Weg gelegt wird, ist
nicht mehr länger zu ertragen. Fast jeder
von uns kann ein Lied von der Bürokra-
tie singen, hier braucht es dringend wie-
der mehr Eigenverantwortung statt des
allumsorgenden Staats. Das führt direkt
zu Punkt zwei, nämlich zum Image und
zur Positionierung unseres Standorts.
Wir haben viel zu niedrige Zahlen bei
den Betriebsansiedlungen. Auch wenn
wir von 279 europäischen Regionen den
hervorragenden 26. Platz belegen: Aus-
ruhen dürfen wir uns darauf nicht. Die
„Marke Steiermark“ muss sich also als
kleine, aber feine Region noch stärker in-
ternational in Szene setzen.
Besonders wichtig ist natürlich auch
Punkt drei: der Arbeitsmarkt. Hier brau-
chen wir eine flexiblere Gestaltung, etwa
bei den Arbeitszeiten: Menschen arbeiten
nicht von Natur aus von 9 bis 17 Uhr. Sie ar-
beiten dann, wenn es etwas zu tun gibt. In
Zeiten, wo Arbeit und Freizeit nicht mehr
getrennt, sondern als Kontinuum wahrge-
nommen werden, sollte das möglich sein.
Exportkaiser
So fein und überschaubar die Steiermark
auch ist, wir müssen – viertens – unse-
ren Blick über die Grenzen hinaus rich-
ten, auch über die Grenzen Europas.
Hier gilt es, maßgeschneiderte Finan-
zierungs- und Serviceleistungen für jene
Unternehmen zu schaffen, die Export-
kaiser sind.
Das Innovationspotenzial der Steier-
mark ist hoch. Innovation, Forschung
und Wissenschaft sind daher – fünftens
– ein weiterer wichtiger Punkt. Die Stei-
ermark hat sich in den letzten Jahren
als Innovationsbundesland etabliert, die
F&E-Quote von 4,8 Prozent spricht eine
deutliche Sprache. Wir müssen uns nun
überlegen, wie wir diesen Vorsprung hal-
ten können.
Die Kooperationen zwischen Wirt-
schaft und Wissenschaft müssen ausge-
baut werden, damit aus dem Technolo-
gie-Land Steiermark ein Hightech-Land
Steiermark wird. Und „Land“ meint tat-
sächlich das gesamte Land, denn Wirt-
schaft findet nicht nur in den Ballungs-
zentren statt.
Gezielte Regionalpolitik
Die Regionen sind daher – sechstens –
besonders zu fördern. Wir brauchen eine
gezielte Regionalpolitik, Ortskernini-
tiativen, Verbesserungen bei der Infra-
struktur und vieles mehr. Das bedeutet
auch – siebentens –, dass wir die Wirt-
schaft gezielt durch Förderungen unter-
stützen müssen. Bestehende Förderpro-
gramme sind regelmäßig zu evaluieren
und auf den letzten Stand zu bringen,
damit sie der steirischen Wirtschaft zu
Auftrieb verhelfen.
Und dann wären da noch – achtens – die
Themen Bildung und Ausbildung. Aber
Hand aufs Herz: Muss ich dazu wirklich
etwas sagen? Oder versteht sich deren
Bedeutung nicht von selbst … ?
¶
JOSEF HERK
„Wir wissen alle um die Qualitäten des
Standorts Steiermark bestens Bescheid
und es wäre müßig, sie hier noch einmal
anzuführen. Viel eher sind wir alle gefordert,
diese hohe Standortattraktivität auch in
Zukunft aufrechtzuerhalten.“
Foto: Stuhlhofer/Wolf