top of styria 2023

top of styria 11 2023 top of styria 2023 10 viele Studierende – gerade in den technischen Studiengängen –, die über den Lehrabschluss kommen. Da würde man rein am Notenspektrum überhaupt keinen Unterschied erkennen. Antrekowitsch: Natürlich wollen wir auch beim Ansprechen in die Breite gehen. Aber durch unsere Themengebiete müssen wir ganz klar in Richtung Exzellenz gehen, insbesondere im Master- und PhD-Bereich. Die Industriebetriebe suchen hochqualitativ ausgebildete Personen. Andererseits stehen wir im internationalen Wettbewerb. Wir werden in Zukunft noch stärker in Richtung Exzellenz gehen. Anlagen und Geräte werden immer anspruchsvoller. Riedler: Ich verstehe die Frage auch so: Konzentriert man sich auf die wirklich guten Studierenden oder adressiert man die breite Masse? Da kann es keinen Widerspruch geben. An einer Universität musst du exzellent sein, um die Leute in die wissenschaftliche Laufbahn zu bringen. Wodurch gibt es exzellente Lehre? Nur durch hervorragende Persönlichkeiten, die einem internationalen Berufungsprozess unterliegen. Antrekowitsch: Wenn wir nicht wissenschaftlich exzellent sind und gute Leute haben, sind wir international nicht sichtbar. Internationale Top-Leute kommen nur nach Österreich, wenn das Forschungsumfeld entsprechend ist. Ob das die Gerätschaft ist, das Team … Riedler: Wer in Österreich die Matura macht, muss auch die Fähigkeit haben, ein exzellentes Studium zu absolvieren, mit der entsprechenden Unterstützung und den jeweiligen Lehrenden. Edlinger-Ploder: Exzellenz zeigt sich vor allem in den Master- und PhD-Studien, weil der Bachelor darauf angelegt ist, breit auf ein Thema hinzuführen. Es ist auch legitim zu sagen, mir reicht der Bachelor. Riedler: Manche Studierende sind besser, manche nicht so erfolgreich, aber das Niveau darf deshalb nie in Frage gestellt werden. Laut Bologna-Prozess musst du wechseln können. Edlinger-Ploder: Genau. Wir müssen uns ja extern laufend akkreditieren lassen … Riedler: Also ‚Nur die Besten kommen durch‘ wäre nicht korrekt … Antrekowitsch: Aber die Besten sollen gezielt gefördert werden. Dieses Gefühl habe ich manchmal bei Schulen nicht. Edlinger-Ploder: Begabungsförderung ist in Österreich viel zu wenig ausgebildet. Das hängt auch mit dem falsch verstandenen Begriff Exzellenz in der Bildung zusammen. Aber Bildungspolitik ist in Österreich sehr ideologisch geprägt. Riedler: Wir (als KFU, Anm. d. Red.) müssen im Interesse des Standortes sehr viele Studien anbieten, selbst wenn es wenige Studierende gibt. Exzellente Profilbereiche kann man nicht immer planen, daher muss man auch in der Grundlagenforschung aktiv sein. Antrekowitsch: Wir unterstützen gezielt Leute, die sich manchmal auch unterfordert fühlen, zu Konferenzen zu fahren oder FWF-Anträge zu schreiben. Daher kommt auch entsprechender Input im Bereich der forschungsgeleiteten Lehre. Ein Begriff ist schon mehrfach gefallen: internationale Vergleichbarkeit. Die Studierenden brauchen internationale Erfahrung, damit sie sich international bewähren können. Was können die Unis und Fachhochschulen dazu beitragen? Edlinger-Ploder: Wir sind vor allem Regionalanbieter. Wir haben 80 Prozent berufsbegleitend Studierende. Am ehesten Erfolg haben wir mit ausländischen Berufspraktika und nicht so sehr bei unserem Mobilitätssemester in Varaždin. Wir sind in der sozialen Durchmischung diverser als in der internationalen. Mit unserem neuen englischen BachelorStudiengang zielen wir auf international Studierende ab. Antrekowitsch: Da haben wir sicher sehr, sehr viele Möglichkeiten. Den ERC-Grant, außerdem EU-Projekte wie Horizon oder Fotos: Schiffer „… das ist großartig“ Welche allgemeinen Kompetenzen sollen an Fachhochschulen und Universitäten vermittelt werden? Edlinger-Ploder: Eine der schwierigsten Fragen, glaube ich … Riedler: Kritisches Denken, Problemlösung, das Erfassen von neuen Themen, Offenheit, Kooperationsbereitschaft, digitale und soziale Kompetenz und Nachhaltigkeitsthemen. Edlinger-Ploder: Ich hätte es kürzer gemacht: Lernen zu lernen, also sich selbständig Wissen anzueignen. Vorbach: Ich würde für Technische Unis ergänzen: Analysefähigkeiten, die Fähigkeit, Strukturen zu finden. Neugierig zu sein und zu bleiben. Zu wissen, wann man wieder lernen muss und was. Antrekowitsch: Lösungskompetenz mitzubekommen ist ein ganz entscheidender Punkt. Wir merken, dass es an Universitäten stark an Selbstorganisation fehlt. Gerade am Anfang muss man Hilfestellung zum selbständigen Lernen geben. Riedler: Ein Aspekt, den man sicher vertiefen kann, ist unternehmerisches Handeln. Trotzdem braucht es auch die fachliche Expertise. Edlinger-Ploder: Die ist ja sehr divers … Zur Selbstorganisation: Schule war immer schon sehr strukturiert, aber ich bemerke, dass die Erziehung sich verändert hat. Das geht bis dorthin, dass du an einem Infotag einen eigenen Eltern-Corner einrichtest. Vor 20 Jahren hat man Selbständigkeit erwartet. Antrekowitsch: Bei uns kommt es immer öfter vor, dass Eltern beim Inskribieren mit dabei sind. Edlinger-Ploder: Wir könnten fast eine Elternsprechstunde einrichten … Riedler: … wobei wir diesen Aspekt – jetzt ohne Wertung – aufgrund des Angebots der Fachhochschulen bespielen. Da gibt es Eltern, die sagen: Besser ein gut strukturierter Bachelor mit absehbarem Ende. Das macht Druck auf die Universitäten, auch ein strukturierteres Angebot zu schaffen. Edlinger-Ploder: Wir sind organisatorisch sehr klar strukturiert, und trotzdem sollen am Ende Absolvent:innen herauskommen, die in der Lage sind, auch ohne diese Struktur zu arbeiten. Antrekowitsch: Man muss eigenständig arbeiten, auch wenn man noch Probleme bei der Selbstorganisation hat. Wobei wir merken, dass es im Vergleich zu früher sehr wohl einige Studierende gibt, die überproportional mit Kreativität und Selbstorganisation ausgestattet sind. Das Spektrum wird breiter. Riedler: Wenn du sagst, die Eltern sind jetzt anders – welche Eltern? Die aus den gebildeten Familien, mit denen wir es meistens zu tun haben, sind tendenziell beschützender. Ob wir damit die Breite der Absolvent:innen von Schulen erreichen? Wohl eher nicht. Es gibt zwei Zugänge: Exzellenz fördern oder eine breite Ausbildung für möglichst viele. Was halten Sie für das Wichtigere? Vorbach: Ich sehe das nicht unbedingt als Gegensatz. Wir tun viel, um den breiten Zugang zu ermöglichen und versuchen, mit vielen Unterstützungsangeboten, gerade die Unstruktur des ersten Jahres abzufangen. Die Breite ist willkommen und wir haben viele First-Generation-Studierende, aus Haushalten, von denen die erste Generation an die Uni kommt und sich durchaus gut schlägt. Auf der anderen Seite versuchen wir, Exzellenz zu fördern. Wir haben jüngst 100 Stipendien an begabte Maturant:innen und junge Semester vergeben, die sonst erwerbstätig sein müssten. Das kostet viel Geld. Da fragen wir auch bei Industrie & Co nach, ob sie mitsponsern, weil wir von dieser Seite immer wieder hören ‚Bitte gebt uns mehr Absolvent:innen‘. Sonst ist es eine sehr kontroverse Diskussion. Wenn ich mit der Studierendenvertretung spreche, ist Exzellenz dort nicht immer ein erwünschtes Wort. Ich glaube, dass die Zahl der exzellenten Studierenden noch immer sehr hoch ist, auch wenn wir sehen, dass sie zunehmend weniger verbindlich mit unseren Angeboten umgehen. Fast die Hälfte unserer Studierenden übt daneben einen Beruf aus. Edlinger-Ploder: Ich würde sagen, die Fachhochschulen sind für eine breite Ausbildung gegründet worden. Es gibt immer wieder Absolvent:innen, die zum Doktorat hin wechseln, also auch Exzellenz im wissenschaftlichen Bereich. Aber wir empfinden auch eine Unternehmensgründung als Exzellenz. Das ist sicher ein sehr starker Bereich bei uns an der FH. Ich würde also sagen, sowohl als auch – aber nicht in denselben Teilen. Wir haben sehr „Also: ,Nur die Besten kommen durch̕ wäre nicht korrekt …“ Peter Riedler – Universität Graz „Aber die Besten sollen gezielt gefördert werden. Dieses Gefühl habe ich manchmal bei Schulen nicht.“ Helmut Antrekowitsch – Montanuniversität Leoben Ein Gespräch über universitäre Bildung mit Helmut Antrekowitsch (Montanuniversität Leoben), Kristina Edlinger-Ploder (Fachhochschule Campus 02), Peter Riedler (Universität Graz) und Stefan Vorbach (Technische Universität Graz) mit einem Beitrag von Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl. imKLARTEXT imKLARTEXT

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